Das Unterdorf
Foto wurde  von Johann Schneider, Faid, zur Verfügung gestellt. Danke.

Es ist Sommer, früher Nachmittag. Im Zentrum und Vordergrund des Fotos eine Schweineherde, 15 Zuchtsauen, die zielstrebig Jereddere ansteuern; prächtige Tiere, hochbeinig und wohl genährt, eine Rasse, die es wie viele andere Tierarten , die bestens an das Klima und die Bedürfnisse der  Eifel angepasst waren,  nicht mehr gibt.

Wie jeden Werktag im Sommer hat Potze Fränz seine Schweine eingesammelt, die im engen und meist dunklen Stall schon unruhig auf den vertrauten Ton seiner Trillerpfeife warteten und nun im Laufschritt ous alle Foate un  Ecke strömten, ous Johne, von Pläack Wilhelm, Maathes Jusepp, ous Kohne, Lenze, Häre, ous de Bachjass, ous Krienesse Foat un  Maiisch un Deederes Hoff ..., je nach Tag gut 15 -20 Prachtsauen, ein Blickfang.

Die eigentlich wichtige Person aber folgt fast unscheinbar hinter der Herde und hat doch alles im Griff. Ein kurzes Schnicken mit der geschulterten Jässel genügt, um den sichtlichen Übermut der Tiere wieder zu bändigen. Normalerweise ist da noch Terry, der nicht auf dem Foto erscheint, weil er neben seinem Herrn trottet oder wie üblich die Herde in weitem Bogen umkreist.

Eine wunderbare Momentaufnahme. Eine Idylle im Unterdorf, so scheint es auf den ersten Blick. Die Zeit wirkt wie angehalten, ein Bild wie aus einer anderen Welt. Die Straße gehört noch ungeteilt dem Dorf und seinen Aktivitäten, ist wie eine große Bühne, auf der sich alles abspielt wie schon 100 Jahre vorher. Und der Hintergrund? Historisch, ein stattliches Pfarrhaus mit schieferbeschlagener Nordfront von 1812 wie Ewwerjärje (Obergoergen).  Selbst nach über 100 Jahren verrät der gleiche Putz wie am Pfarrhaus die gemeinsame Bauzeit. Der Türsturz von Innerjärje weist auf 1880 als Baujahr hin. Symmetrisch eingesetzte Sprossenfenster gliedern angenehm ihre  Straßenfronten. Noch lehnen 2 Holzeggen am Haus, aber die beiden Mähmaschinen weisen schon in die Zukunft.

Diese Idylle stimmt nur auf den ersten Blick, denn es ist Krieg, Kriegssommer 1941. Im Schatten der Kastanie steht ein Militärfahrzeug und 2 Soldaten sind auf Patrouille im Unterdorf.
Pfarrhaus und Kastanie sind mittlerweile verschwunden wie die Viehwaage. Der junge Nussbaum dahinter aber ist groß und alt geworden, einer von wenigen, die diese Chance bekommen haben.

(Da dieses Foto ein einzigartiges Dokument darstellt, sollte es allen Interessenten  zur Verfügung stehen. Bei Interesse bitte bei Hermann Eberhard melden.)

Demnächst: Spuren und Erinnerungen. Aus dem Leben von “Potze Fränz”.