Drucken

Noch vor 100 Jahren war das Leben für den einfachen Eifelbauern ein einziger großer Fasttag, in Gevenich mehr als auf dem Maifeld, in der Hocheifel mehr als in der Vordereifel.

Im täglichen Bemühen, sich und seiner Familie ein ausreichendes Auskommen zu sichern, hatte er trotz aller Widrigkeiten einen eigenen Stolz bewahrt.  Gefangen in seiner kleinen Welt blieb er bescheiden. Das Leben machte ihn  wortkarg und zurückhaltend ohne Verbitterung. Jeden Tag spürte er seine  Enge und Abhängigkeit. Das Klima war rau und ließ ihm wenig Möglichkeiten, das Wetter blieb sommers wie winters unberechenbar, der Boden war steinig und die handtuchgroßen, ungedüngten Parzellen brachten kaum Ertrag.

Ein Auf und Ab zwischen Aussaat und Ernte, zwischen Hoffen und Bangen, denn niemand wusste, ob die Ernte das Brot fürs kommende Jahr sicherte. Wenn nur die Kartoffeln gerieten! Es war überall so, und so fügte man sich ergeben und machte weiter, wie es immer schon war.

Und als der Kreisarzt 1927 wieder einmal die Schulkinder untersuchte, blieb ihm auch dieses Mal nur die resignierende Feststellung, dass die Ernährung der Kinder alarmierend schlecht sei, viele an Untergewicht litten, für ihr Alter zu klein und einseitig ernährt seien. Lehrer Löscherbach hat in wenigen Zeilen seine Wut und  Empörung, aber auch seine Hilflosigkeit ausgedrückt: “Manche Eltern nutzen aber auch die billige Arbeitskraft der Kinder zu sehr aus. Junge Pferde werden geschont, damit sie einen schönen Körperbau und gerade, kräftige Glieder erhalten. Aber die Kinder ..., werden sie tatsächlich niedriger bewertet als das vernunftlose Vieh? Von den vom Arzt für erforderlich gehaltenen Maßnahmen werden auch diesmal keine ausgeführt ...”

2 solcher Tonschüsseln existieren noch. Auffallend sind die beiden Ösen an den Seiten, mit denen sie aufgehängt werden konnten. Bis in die 60er Jahre waren sie bei “Jupp Lena” im Gebrauch, um Milch dick werden zu lassen.

Und wenn Willi Kalmes für 1911 feststellt “ ... vielen mag beim Einschlafen noch der Magen geknurrt haben, weil das Abendessen gar zu mager ausgefallen war", dann sollte einmal näher auf die Lebens- und Essgewohnheiten in Gevenich zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschaut werden. Im Zusammenleben, aber auch  im Essen und Denken spielte das Kirchenjahr mit seinen Festen und Vorschriften auf dem Dorf eine wesentliche Rolle. So wäre es niemandem eingefallen, am Fest des hl. Stephanus einen Apfel zu essen, weil er überzeugt war, bei Missachtung dieser uralten Regel würde er am ganzen Körper Geschwüre bekommen. Die Freitage waren selbstverständlich Abstinenztage. Aber da gab es noch die Quatemberwochen nach dem 3. Advents-, dem 1. Fastensonntag und nach Kreuzerhöhung am 14. September. Der Mittwoch, Freitag und Samstag waren bis 1966 strenge Fast- und Abstinenztage.

4 Zinnteller

Zinngeschirr gab es nur in den besser geführten Häusern

 

Kelle

Dieser Teller zeigt deutliche Gebrauchsspuren, die vom Reinigen herrühren und typisch waren, da Zinngeschirr mit kieselsäurehaltigem Ackerschachtelhalm gesäubert wurde, der heute noch  in Gevenich”Zinnkraut” heißt, und längs des Weges zum Hunstang an der Straßenböschung massenhaft vorkommt.

Zumindest im Winterhalbjahr besuchte wenigstens 1 Familienmitglied auch die regelmäßigen Werktagsmessen in der Frühe wie auch die Schulkinder. Da der tägliche Besuch auch mit dem Empfang der Kommunion verbunden war, musste jeder nüchtern bleiben, so dass viele Kinder mit leerem Magen in die Schule gingen. Wer in der Nähe wohnte, konnte in der Pause  schnell nach Hause laufen. In der kurzen Mittagspause vor dem Nachmittagsunterricht gab es Kartoffelsuppe, mal mit Mehlküchelchen, mal mit Reibekuchen, meist gab es auch nur ein Stück trockenen Brots dazu.

Im Winter stand sonntags generell Sauerkraut mit einem Stückchen Rauchfleisch dazu auf dem Speisezettel. Montags gab es von den Sonntagsresten Stampfkartoffeln mit Sauerkraut drunter, von Zeit zu Zeit war auch mal ein Ei dabei. In der Regel wurden die Stampfkartoffeln nur “geschmelzt” gegessen.

Fast jedes Haus hatte Hühner. Wenn sie nicht mehr legten und zu fett waren, wurden sie geschlachtet. Dann gab es Huhn mit Reis als “Beiessen” über die Kartoffeln. Vor dem 1. Weltkrieg gab es dieses Essen zur Kirmes mit selbstgebackenem Weißbrot.
Morgens gab es oft Eierschmä aufs Brot, die gut sein konnte, wenn genügend Eier drin waren. 2 oder 3 kamen dazu in eine Schüssel. Man gab etwas mehr Mehl dazu und etwas Salz. Mit Milch wurde das Ganze zu einem glatten Teig gerührt. In einer Pfanne wurden Speckwürfel ausgebraten, Zwiebeln gebräunt und zu dem Eierteig in die Pfanne geschüttet. Mit dem Esslöffel wurde der Teig immer von der Pfanne abgehoben und ähnlich verrührt wie beim Schmand.

Kännchen mit Zinnlöffeln ... aus dem 19. Jahrhundert

Eine eigene Erfahrung für die ärmeren Familien waren Aushilfsarbeiten “bei den Bauern”, wie die reichen Mitbürger genannt wurden. 

Originalaufzeichnung aus Gevenich um 1980

Kartoffeln; morgens, mittags und abends!!! In manchen Häusern stand noch bis in die 50er Jahre morgens   zum Frühstück eine Pfanne Bratkartoffeln auf dem Tisch.

Zwiebeln Pellkartoffeln boten abends eine willkommene Abwechslung. Dazu gab es in heißem Rüböl gedünstete Zwiebeln in Essigtunke. “Zwiebel weich” nannte man dieses Essen, zu dem es noch eine einfache Holländische Soße gab. Beliebt waren Pellkartoffeln mit Heringsstippe. Bestenfalls bekam jedes Familienmitglied einen halben Hering mit Soße. Kartoffelsalat wurde oft mit Heringsstückchen und ausgelassenem Speck aufgebessert. Noch in den 30er Jahren bekam man für 1 Reichsmark 30 Heringe. Der Fischbleser aus Cochem bot sie auf einem kleinen Lastwagen auf den Dörfern an.
Wurden abends keine frischen Kartoffeln gekocht, dann standen schon mal “Gedämpfte” auf dem Tisch, d.h. Speck wurde in einem Bräter ausgelassen und die frisch geschnittenen Kartoffeln dazu gegeben, dazu kamen noch Zwiebeln, Salz, etwas Pfeffer und etwas heißes Wasser. Darin wurden die Kartoffeln gedämpft. Wenn sie gar waren, wurden sie noch einmal von unten nach oben gedreht, damit die “Brätchen” nach oben kamen und sich unten weitere bilden konnten. Dazu gab es immer eine Tasse Milch.

Demnächst schauen wir uns noch einmal an, was in Gevenich vor 100 Jahren auf den Tisch kam und in keinem Kochbuch steht: Áapelhous un Bérrefladde.