Gekocht oder nicht, mittags standen Punkt 12 Uhr die Teller auf dem Tisch; das war schon immer so in jedem Haus. Wenn man bedenkt, dass der Arbeitstag im Sommer oft schon mit dem werdenden Licht begann, die Tiere ihren gewohnten Rhythmus einforderten und das Gras mit Sichel oder Sense taufrisch gemäht wurde, dann war diese zeitliche Vorgabe, die den Tag sinnvoll einteilte,  verständlich. Wenn in manchen Häusern auch heute noch Punkt 12 gegessen wird, dann wird hier trotz allem Wandel eine Tradition fortgeführt, “weil es schon immer so war.”

Um 11 Uhr erinnerte die Kirchenglocke werktags die Frauen im Haus oder auf den Feldern in der “Zehnreih” in aller Eindringlichkeit ans Mittagessen, auch wenn viele noch nicht wussten, was in 1 Stunde auf dem Tisch stehen sollte.

Wenn dann der Bauer eine Stunde später das Tischgebet mit dem “Engel des Herrn”, dem Vater Unser und dem Gedenken für die Abgestorbenen begann, dann stand das selten üppige Essen wirklich auf dem Tisch. Nur in wenigen Häusern gab es zu den Kartoffeln ab und an noch ein Stück “aus dem Solper”, aus der Pökelbrühe also. Nach der Schlachtung wurden Schwänzchen, Ohren und Schweinsschnauze in den Solper gelegt, wenn sie nicht zu “Verstand” verarbeitet wurden oder in der Wurst landeten.  In reicheren Häusern lag manchmal auch etwas Besseres, ein Stück vom “Reppstrang” im Pökel (der Begriff “Reppstrang” rührt daher, dass der Hausmetzger früher das Rückgrat nicht zerlegte, sondern als ganzes Stück beließ). Über Nacht lag das Stück zum Wässern in kaltem Wasser und wurde mit Sauerkraut Pfefferkörnern, Lorbeerblättern, Wacholderbeeren, großen Zwiebelringen und Erbsenpüree serviert in einer Zeit, als auch in Gevenich ganze Felder mit Erbsen eingesät wurden.  

Milchtöpfchen Milchtöpfchen
Milchtöpfchen

Einfaches Haushaltsgeschirr wie dieses vielfarbige Milchtöpfchen mit dem  interessanten “Flatterdekor” aus dem 19. Jahrhundert fand sich in vielen Haushalten. Die zerdepperte “Hafnerware” landete meist auf dem Mist. Die Scherben dieses Topfes wurden bei einer Müllentsorgung nach dem 2. Weltkrieg im Hohlweg auf Kniebrech abgeladen, gefunden und zusammen geleimt. Der für die Zeit charakteristische schwarze Boden zeigt, dass es meist auf offener Flamme auf dem Herd stand.

KrumpereZu den vielen Fähigkeiten, die einer guten Bauersfrau mit in die Wiege gelegt waren, gehörte auch die Fähigkeit, “aus dem Nichts”, etwas Gutes zu zaubern, das eine zahlreiche Familie zudem noch sättigen sollte. Hunger war zwar schon immer der beste Koch, aber das in unseren Augen dürftige Essen war durchaus schmackhaft, denn Natur und Garten boten reichlich Würzkräuter, die jeden künstlichen Geschmacksverstärker heute übertreffen, aber leider nicht mehr allgemein bekannt sind. In den armen Zeiten gab es nicht selten mittags oder abends nur Kartoffeln mit der Brühe.  Dazu wurden klein geschnittene Kartoffeln mit reichlich Wasser gekocht,  in eine große Schüssel geschüttet und großzügig mit  ausgelassenem Speck übergossen. Vorher war noch ausgiebig kleingeschnittener Schnittlauch darüber gegeben worden. Anschließend wurde gemeinsam aus der Schüssel gelöffelt genauso wie bei der “gebrockten Milch”, die mit Vorliebe an heißen Sommertagen aufgetischt wurde, so dass das Mittagessen allein aus der Milch mit eingebrocktem,  trockenem Brot bestand.

AnisZimtIn fast jedem Garten stand ein großer Birnbaum, der so hoch war, dass es nur Fallobst gab. Birnen wurden wie Äpfel und Zwiebeln als Gemüse zu Mittag gekocht; sie wurden eingeweckt oder nach dem Brotbacken im Backes körbeweise getrocknet. “Apfelschnitze” und Zwetschgen wurden auf “Hürtchen” in den Ofen geschoben. Von den getrockneten Birnen wurde ein Mus gekocht, mit Zucker, Anis und Zimt gewürzt, auf Roggenteig gestrichen und zu Birnenfladen gebacken, ein beliebtes Essen beim Kartoffelausmachen nachmittags auf dem Feld.

  “Bibchjes Sopp” hieß eine Variante von “Decker Sopp”, wie Eintopf allgemein hieß. “Bibchje” wurden in Gevenich die jungen Hühner und Küken gerufen, und das Hühnerfleisch als Einlage wurde auch immer in kleine Würfel geschnitten. Ab und zu wurden Waffeln dazu gereicht. Wenn in nassen Jahren das Getreide auf dem Halm ausgewachsen war - und das kam nicht selten vor - , dann konnte auch kein Mehl auf der Mühle gemahlen werden, und die Waffeln wurden der Not gehorchend aus Kartoffeln gebacken, auch wenn sie weniger beliebt waren.

Bohnenschnippelmaschine

Bohnenschnippelmaschine früher Bauart, bevor die kleinen flachen Schneidbretter üblich wurden. Schnippelbohnen, vor allem die eingelegten und geruchsintensiven sauren Bohnen wären wie Kohl ein Stichwort für noch viele beliebte Gerichte aus alter Zeit

HaushaltsbücherKochen lernte man von der Mutter.
Erst um 1900 durften einige Mädchen sich in fremden Haushalten umsehen, und Haushalts- und Kochbücher eröffneten zunehmend ein weites Feld. 



 

Vielleicht können diese kurzen Ausflüge zu den Essgewohnheiten im 19. Jahrhundert einige anregen, weitere alte Rezepte festzuhalten.

In der nächsten Folge werden 2 Instrumente im Bild vorgestellt, die in der Landwirtschaft/ im Dorf einmal eine nicht unbedeutende Rolle spielten.