Schimpf- und Schmähwörter ... im Jewenijer Platt

Schimpfen tut gut. Schenne ist wie ein Ventil und befreit, wenn die innere Spannung unerträglich geworden ist. So richtig vor sich “hinwettern”, seinem Gefühl freien Lauf lassen, ist wie ein reinigendes Gewitter. Danach sieht und denkt man wieder klarer, und wenn Ärger, Unmut und Unzufriedenheit verflogen sind, ist man selbst wieder verträglicher.
Beschimpfen aber geht immer (mindestens) einen Schritt zu weit. Beschimpfen will etwas ganz  anderes, will erniedrigen und verletzen, denkt nicht, fragt nicht, sondern poltert grob und derb los. Schimpfen ist wie ein leichtes Sommergewitter, das (manchmal mit viel Donner) schnell vorüber ist. Beschimpfen richtet bewusst Flurschaden an.
Verleumden aber heißt, die unterste Stufe zwischenmenschlichen Gegeneinanders erreicht zu haben. Ein Abgrund tut sich auf, eine Brücke, die trägt, ist nicht in Sicht. Verleumden bedeuten immer, wissentlich und bedenkenlos aus niederen Beweggründen Unwahrheiten zu säen in der Erwartung, dass die meist heimliche Saat aufgehen möge, um jemanden fertig zu machen, denn “es bleibt ja immer etwas hängen.”

Auch in einer Sprache sind das alles Extremsituationen, in denen dann situationsbedingt extreme Formulierungen auftauchen, die im Platt, das in der Regel ohne verbale Weichmacher auskommt, schon grobe Formen annehmen können. Jede Sprache ist ein exakter Spiegel der Umgangsformen, die im täglichen Miteinander gelten, und der gängige Wortschatz zeigt gerade in solchen Ausnahmesituationen, welche Grenzen sich ein Dorf z.B. gesetzt hat, welche Tabus und Werte selbst jetzt unangetastet bleiben und respektiert werden, denn “was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu”.

Die Schimpf-, Schmäh-, Droh- und auch Kosenamen, die auch im Gevenicher Platt vor 50 Jahren noch geläufig waren, sind nur noch zum Teil im Gebrauch oder haben einen anderen Sinn erfahren. Beschimpfungen unter der Gürtellinie waren kaum üblich, kaum möglich, wollte man sich nicht selbst ins Abseits stellen.  Oft genügte schon eine Andeutung, wo heute (zu) drastisch hingelangt wird.

Fraumensch war schon immer abwertend gemeint, bei Kerl kam es schon sehr auf den Tonfall oder den oft beigefügten Zusatz an, der je nach Situation ausgetauscht wurde und dann Verachtung oder Anerkennung bedeuten konnte. Bei Dreckskerl/Soukerl war die Einschätzung klar, ein komischer Kerl konnte Mitleid Unverständnis oder Gleichgültigkeit signalisieren. “Dou bes jo en roosene Kerl” ließ immer auch Bewunderung mitschwingen.

Insgesamt war/ ist das Gevenicher Platt, was Schimpfwörter ... angeht , weit weniger drastisch, fast harmlos im Vergleich zu anderen Regionen. So war es jedenfalls noch vor 50 Jahren.
Auffallend, dass bei den Männern vor allem deren Sturheit, Uneinsichtigkeit, ein Mangel an Durchsetzungsvermögen und Unternehmungsgeist oder Ungeschick angeprangert wurden.

Auch für Frauen beschränken sich die zugedachten Unfreundlichkeiten im wesentlichen auf ihre Rolle in Haus und Familie.

Die unten angeführte Liste der Schmähworte  sollte/könnte in Gevenich leicht ergänzt werden. Dabei sollte wie bei den folgenden beiden Beispielen auch bei den neuen Begriffen eine Umschreibung angefügt werden, die erklärt, was unter dem Schimpfwort  zu verstehen war.
Beispiele:

Lump

  •  = nach allgemeiner Ansicht ein durch und durch schlechter, niederträchtiger Mensch, Abschaum. Ganz allgemein galt (politisch lanciert) “der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant. Vielsagend war auch die Beschimpfung als

    Drecksack
     
  •  = dahinter verbarg sich immer jemand, dessen Gemeinheit und Hinterhältigkeit     angeprangert werden sollten, mit dem man nichts zu tun haben wollte, ein unsympathischer, widerlicher Zeitgenosse.


Der Vorsatz “en aal (alte)” bedeutete immer eine zusätzliche Verstärkung der in der Regel negativen Bezeichnung.
 

Beispiele       
en aal Tutsch
en aal Trampel
en aal Rusel
en aal Batschel
en aal Duseldeppe
en aal Schlamp
en Knusel
en dumm Koh
en Bouretrampel
e dräckich Deer
en Flanderkätt
en Flootz
e Flittchje
e Schindlooder
e glucksig Hohn
e Schwoadmoul
en Schoute
en Neistnotz
en Neidhommel
en Fiawetznoas
en Moulaff
en Schwoadlappe
en Transfunsel
en Schloofmetsch
en Imstandskrämer
en Lahmoasch
en Blendjänger
en Schlappschwanz
en Bocksescheißer
en Schleimscheißer
en Hundsfott
en Grendkopp
en Kloowe
en Bullewatz
en Kneiles
en Binnes
en Flappes
en Drepsdrelles
en Dappes
en Beltes
en Delpes
en Dämel
en Spetzklecker
en Liener
Jesocks
Kesselflecker
Zoores

 

 

Die beigefügten Neckworte, wie sie als besondere “Liebeserkärung” zwischen Nachbardörfern üblich waren, sind sicher ergänzungs- und korrekturbedürftig.  Die Verbandsgemeinde könnte nach Vervollständigung ihre neue Karte dann mit den historischen Neckbegriffen publizieren. Die Information wurde entnommen aus: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!