Jemanden zur überrumpeln, ihn unvorbereitet mit Unangenehmem zu überraschen, macht keinen guten Eindruck. Wer so “mit der Tür ins Haus fällt”, darf nicht mit offenen Armen rechnen.

Diese Redensart hat in der Anlage der alten Häuser ihren realen Hintergrund. Kaum mehr vorstellbar in einer Zeit, in der selbst auf unseren Dörfern die Haustüren auch tagsüber verschlossen bleiben und eine Klingel und ein Spion zusätzliche Gewissheit verschaffen, dass wir mit keiner unliebsamen Überraschung rechnen müssen. Es war einmal anders.

Es ist noch nicht allzu lange her, dass unsere Haustüren vom Dorfschreiner individuell gestaltet und in die alte Hausfront mit ihren Sprossenfenstern eingepasst wurden, bevor pflegeleichte Alu-Türen und Glasbausteine aus dem Baumarkt unsere Neubauten bundesweit uniformiert haben. Davor hatte jedes Haus sein eigenes, freundliches Gesicht, und die Haustür entsprach dem Alltag der Menschen und stand meistens einladend offen.

 

Eins der wenigen, aufwändig gearbeiteten Sandsteingewände mit der  vor 1900 entstandenen Doppeltür, die die ursprüngliche Tür aus dem 1. Drittel des 19. Jahrhunderts ersetzte. Doch wo ist sie geblieben?  Aufnahme nach 1960

  Aufnahme von Dederes Dier nach 1960. Der obere Teil konnte mit einem Metallknauf aufgestoßen werden.

Dederes Housdier aber weist noch 2 bis 3 Generationen weiter zurück. Bevor sich die einteilige Holztür um 1900 zunehmend  durchsetzte, war die quergeteilte Doppeltür für alle Häuser selbstverständlich (wie sie noch lange für die Stalltüren üblich waren). Hinter der Haustür lag in allen Häusern die offene Küche, das geräumige Herz jeden Hauses mit der ursprünglich offenen Feuerstelle, dem großen Kamin und der Takenplatte, durch die die angrenzende Stube mit geheizt wurde. Große Schieferplatten deckten pflegeleicht den Boden und neben dem großen Tisch mit der Bank dahinter, der “Ämerbank un dem Schottelbrät” wie der Spüle mit dem Abfluss nach außen bot die Küche als größter Raum vor allem Platz für die zahlreiche Familie. Hier fand sie im Winter etwas Wärme, die  aber selbst in Feuernähe kaum spürbar war und wenig über 10 Grad lag.

Die Haustür war mehr die optische als wirkliche Barriere zwischen Küche und Hof, und wer von außen einfach die Tür aufriss, stand mitten im Haus, konnte leicht stören und ungelegen kommen. Er war mit der Tür ins Haus gefallen.

Die Doppeltür war Ausdruck der Offenheit, andererseits war sie auch als deutliche Schwelle gekennzeichnet. Wie bei Dederes und Lenze führten oft Steinstufen zur Haustür. Alle diese Türen waren untereinander ähnlich, aber niemals gleich, und wer es sich leisten konnte, legte größten Wert auf eine bessere Ausgestaltung als sein Nachbar. Einfache Holzeinfassungen waren in Gevenich die Regel. Sandsteinfassungen waren dagegen selten und wie bei Maathes oder Ewerjärje Zeichen eines gewissen Wohlstandes.

Im Sommer stand der obere Teil der Tür immer weit offen, damit zusätzlich Licht ins Haus kam, denn vor der Elektrifizierung in den 20-er Jahren war es in der Küche recht dunkel, da neben dem Feuer als permanenter Lichtquelle  nur Öllampen (ganz früher auch Kienspäne) zusätzliches Licht.verbreiteten .Das kleine Fenster neben der Haustür war schon deshalb winzig gehalten, weil die alten Häuser oft zu einer Zeit gebaut waren, als sich nur Reiche eine Fenstersteuer für größere Fenster leisten konnten.

Das alte Parzleine Hous
vor dem 1. Weltkrieg

 Aufnahme um 1900 (von J. Schneiders)

Auf alten Fotos sieht man meist nur die 4-geteilten Oberlichter über den Haustüren, Zeichen für die darunter eingebaute Doppeltür.
In Gevenich waren die Doppeltüren nicht wie in anderen Gegenden aus gefugten Brettern gearbeitet ,sondern sog. Füllungstüren, die im Ober- wie im Unterteil meist 2 Füllungen aufwiesen, die in einen Holzrahmen gearbeitet waren. So war es jedenfalls bei Welpe, Kohne, Maathes Jusepp, bei Hoff, Parzleine un im aal Häre Hous.

Das geöffnete Oberteil der Tür hatte viele Vorteile. Neben dem zusätzlichen Licht ermöglichte es einen besseren Rauchabzug und damit eine effektivere Belüftung. Jeder in der Küche bekam allzeit mit, was draußen vor sich ging. Man konnte sich bei geschlossener Untertür gut unterhalten und eventuell unliebsame Kundschaft am Betreten hindern. Kleinkinder konnten nicht so leicht nach draußen entweichen.

Der untere Teil wurde von innen mit einem Querriegel verschlossen, der obere Teil nur mit einem Haken in einer Wandöse eingehängt.

Die Türen waren handwerklich solide gearbeitet, einfach und für den Bedarf einer anderen Zeit ideal. Sie waren kommunikativ. Unser Sicherheitsbedürfnis setzt heute andere Maßstäbe.