Zum Muttertag

Muttertag? Als nach amerikanischem Vorbild 1924 auch in Deutschland der Muttertag öffentlich eingeführt wurde, blieb diese von Anfang an kommerziell ausgerichtete Initiative des Floristenverbandes hierzulande ohne Echo.

Es bedurfte keines bestimmten Tages, um das immer schon aufopferungsvolle und segensreiche Wirken der Bauersfrauen und Mütter zu würdigen.

Das Bild der Mutter, die sich selbst nicht schont, sondern selbstlos in ihrer Aufgabe aufgeht und für ihre Familie da ist, ist in unseren Dörfern fest verankert. Sie war der letze Halt in Not und Armut und der ruhende Pol in stürmischer Zeit. Bei der Mutter sein,das war “zu Hause sein”. Hier fand jeder Verständnis und Geborgenheit, “Jehechnis”, wie man unübersetzbar in Gevenich sagte. Bei der Mutter war man angenommen und fühlte sich wohl. Die Mutter war/ist unersetzbar. Sie war/ ist die Seele des Hauses und der Familie. Niemand hätte jemals gewagt die Hand gegen seine Mutter zu erheben oder auch nur ein böses Wort anzudeuten, und so gehörte das Gedicht von Friedrich Wilhelm Kaulisch (1827-81) selbstverständlich zum Unterricht in der Volksschule.

Wenn Du noch eine Mutter hast

Wenn Du noch eine Mutter hast, so danke Gott und sei zufrieden.
Nicht allen auf dem Erdenrund ist dieses hohe Glück beschieden.
Wenn Du noch eine Mutter hast, so sollst du sie in Liebe pflegen,
daß sie dereinst ihr müdes Haupt in Frieden kann zur Ruhe legen.

Sie hat vom ersten Tage an um dich gebangt mit großen Sorgen.
Sie brachte abends dich zu Bett und weckte küssend dich am Morgen.
Und warst du krank - sie pflegte dich, den sie mit großem Schmerz geboren.
Und gaben alle dich schon auf:  Die Mutter gab dich nie verloren.

Und hast du keine Mutter mehr und kannst du sie nicht mehr beglücken,
so kannst du doch ihr kühles Grab mit frischen Blumenkränzen schmücken.
Ein Muttergrab  -   ein heilig Grab! Für dich die ewig heil‘ge Stelle!
Oh, wende dich an diesen Ort, wenn dich umtost des Lebens Welle.

Friedrich Wilhelm Kaulisch

Die Zeiten haben sich geändert, und mit ihnen für viele das Bild der Mutter, der Frau. Die Rolle der Frau ist anders geworden und hat sich den Bedürfnissen der Gesellschaft angepasst. Deshalb ist es vielleicht gut, einmal in Erinnerung zu rufen, wie man die heranwachsenden Mädchen vor knapp 100 Jahren  an  ihre spätere Rolle als Mutter und Bäuerin erinnerte.

Aus trierischem Bauernkalender, 1912

 

Die Rolle der Frauen war eindeutig und ließ sich auch täglich auf dem Löffelblech am Herd, auf dem Überhandtuch oder dem Wandschoner nachlesen.

 Muttertag? Jeder Tag war und ist Muttertag.