Auf dem Ellerberg besaß vor vielen Jahren die Gemeinde Faid einen mächtigen Hochwald, der aus den dicksten Eichen und Buchen bestand. Die Faider fühlten sich glücklich in seinem Besitz, denn jahraus und jahrein lieferte er viele Klafter Holz, und von den Ellerern bekamen sie dafür, dass sie sich dort oben Futter holen durften, jedes Jahr zu Ostern einen großen Korb Eier. Aber nicht lange sollten sie sich des Besitzes erfreuen. Der Nachbarort Gevenich missgönnte den Faidern den herrlichen Wald. Besonders der Ortsschulze tat es im Hetzen allen voraus. Überall erzählte er den Leuten von Gevenich unter Beteuerungen, der Wald gehöre nach altem Recht und Herkommen ihnen, er könne es sogar beschwören.

Endlich kam es zum Prozess. An einem schönen Frühjahrsmorgen, an dem er das Eigentumsrecht Gevenichs  im Wald beeiden sollte, ging der Schulze in seinen Garten, zog die Schuhe aus und tat in jeden Schuh eine Hand voll Grund. Dann zog er sie wieder an . Darauf entnahm er seiner Küche einen  Wasserbecher, den “Schöpfer“, setzte ihn auf seine Kopf und stülpte einen großen Hut darauf. Nun war er gerüstet, die Faider übers Ohr zu hauen, ohne das er seiner Meinung nach meineidig wurde. So machte er sich auf den Weg nach dem Ellerkopf.

Im Wald brachte er dem Richter in Gegenwart der Faider seine Klage vor. Als diese widerstritten, forderte ihn der Richter auf, durch einen Eid zu bekräftigen, dass der Wald Eigentum der Gevenicher sei. Nun legte er die linke Hand auf die Brust, erhob die rechte Hand und schwur also: “So wahr der Schöpfer über mir ist, stehe ich auf Gevenicher Boden.“ Da wurde der Wald den Gevenichern zugesprochen.

Aber bald packte die Rächerhand Gottes den Meineidigen, der um schnöden Besitzes und Ehrgeizes willen so furchtbaren Betrug geübt hatte. Nirgends mehr fand er Ruhe. Überall, zumal in der Dunkelheit, glaubte er sich von höhnenden, grinsenden Geistern umgeben, die ihm immerfort “Meineidiger, Meineidiger“ zuflüsterten. Vor Schreck traten ihm die Augen weit aus den Höhlen. Vor Angst verzerrte sich sein Gesicht, dass die Zähne weit aus dem Mund hervortraten und ihn zum zähnefletschenden Unhold werden ließen. So hockt er, der “Breitzähner“, wie er zum Spott genannt wird, heute noch immer in der Geisterstunde an der alten Dorfgrenze am Ellerbache mit glühendem “Fuhrstein“ auf dem Rücken und mit feurigem Munde, aus dem Höllenodem strömt. Wehe dem friedlichen Wanderer, der ahnungslos dort seines Weges zieht! Ihm hockt der Breitzähner plötzlich auf dem Rücken, drückt ihm fast den Brustkorb ein und lässt sich bis zur neuen Grenze tragen, wo er dann plötzlich verschwindet.

Aloys Frölich